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Abb. 1 Tržišče. Repräsentativer Querschnitt des Waffendepots. 100 DIE EISENZEITLICHEN WAFFENWEIHUNGEN IN DEN OSTALPEN Markus Egg Aus der älteren Eisenzeit liegen aus den Ostalpen nur wenige Nachweise von Waffendeponierungen vor, sie häufen sich im südöstlichsten Teil dieser Region in Istrien und im angrenzenden Slowenien. Die Fliegenhöhle von Škocjan/ St. Kanzian diente schon in der Urnenfelderzeit als Deponie eines Opferplatzes und wurde auch noch in der beginnenden Hallstattzeit im 8. Jahrhundert v. Chr. weiterbenutzt, um danach aufgegeben zu werden. In unmittelbarer Nähe erscheinen etwas später mehrere Depotfunde mit Waffen, wovon der Fund von Tržišče (Abb. 1) der bedeutendste ist. Er umfasste neben einem Bronzehelm eine große Anzahl von Tüllen- und Lappenbeilen, weiters Krummschwerter, Lanzenspitzen sowie Pferdegeschirrteile. Die Lanzen sollen angeblich in Kreisform in den Boden gesteckt und die übrigen Funde in der Mitte deponiert gewesen sein. Auf den Brandopferplätzen aus der Hallstattzeit sucht man vergeblich nach Waffen, denn in dieser Epoche wurden neben Fleisch und Knochen hauptsächlich Trachtschmuck und Keramik den höheren Mächten dargebracht. Im Depotfund von Fließ im Nordtiroler Oberinntal kamen neben Schmuck, Bronzegefäßen und Werkszeugen einige wenige Waffen, nämlich drei Lanzenspitzen, drei Lochäxte und das Bruchstück einer Panzerplatte zum Vorschein. Auch aus der Region der Westhallstattkultur nördlich der Alpen liegen bis auf eine Ausnahme so gut wie keine Funde vor, die sich als Waffenweihungen deuten ließen. Die Ausnahme ist die Býčí skála-Höhle in Mähren in der Tschechischen Republik: In der als Kultplatz interpretierten Höhle fanden sich auch einige Waffen, wie ein Helm, eine Panzerscheibe, zwei Hallstattdolche sowie einige Lanzen- und Pfeilspitzen sowie Beile, von denen zumindest einige auch als Werkzeuge benutzt werden konnten. Es sei hier am Rande angemerkt, dass der Helm und die Panzerscheiben die einzigen Schutzwaffen aus dem gesamten Bereich der Hallstattkultur nördlich der Alpen sind. Insgesamt bilden in der Býčí skála-Höhle aber die Waffen neben der großen Zahl an Trachtschmuck, Bronzegefäßen, Wagenbeschlägen, Werkzeugen und Keramik nur einen kleinen Teil des Fundmaterials. Während die Hallstattzeit nur wenige Hinweise auf die Opferung von Waffen in den Ostalpen lieferte, häufen sich diese in der Latènezeit. Dabei handelt es sich keineswegs um ein spezifisch ostalpines Phänomen, denn in großen Teilen Europas wurde es in dieser Periode Brauch, Waffen zu weihen: Im keltischen Bereich, insbesondere im nördlichen Frankreich in den Viereckheiligtümern, findet sich eine Vielzahl von Nachweisen für diese Sitte, die bekanntesten sind die Heiligtümer von Gournay-sur-Aronde und Ribemontsur-Ancre. Viel weiter im Osten kamen in den letzten Jahren auch in Roseldorf in Niederösterreich und am Frauenberg bei Leibnitz in der Steiermark Viereckheiligtümer mit Waffenweihungen zum Vorschein. Sie deuten an, dass diese Art der Heiligtümer nicht nur in Frankreich angelegt wurde, sondern eine viel weitere Verbreitung besaß. In den Ostalpen wurden in der jüngeren Eisenzeit Waffen auf Brandopferplätzen verbrannt, als Siegesmale, sogenannte „Tropaia“, in oder bei Siedlungen aufgestellt, in Depotfunden vergraben und selten in Gewässern versenkt. Auf den Brandopferplätzen im mittleren Alpenbogen erscheinen ab der Latènezeit Waffenweihungen. Es sei aber ausdrücklich betont, dass dort nicht nur Waffen, sondern auch andere Objekte, wie Schmuck, Keramik und vor allem Fleisch geopfert wurden. Ein gutes Beispiel dafür liefert der Brandopferplatz am Rungger Egg bei Seis in Südtirol: Neben anderen Fundgattungen opferte man dort mehrfach Waffen, wie Lanzenspitzen, Haumesser und Latèneschwerter. Das Spektrum der Lanzenspitzen reicht von einfachen Tüllenlanzenspitzen über pilumartige Exemplare, die als typisch alpines Erzeugnis gelten, bis hin zum klassischen römischen Tüllenpilum mit pyramidenartiger Spitze. Brandopferplätze mit Waffenweihungen finden sich auch in Nordtirol, so auf der Piller Höhe (Abb. 2) bei Fließ im Nordtiroler Oberinntal, wo Lanzenspitzen, Latèneschwerter, Hellebardenäxte, Schildbeschläge und Eisenhelme zutage traten. Bemerkenswert sind die kleinen Votivschilde aus Bronzeblech. Auch in Schönwies - Obsaurs – ebenfalls im Nordtiroler Oberinntal – existierte 101 ein Brandopferplatz, den Sondengänger entdeckten. Nachgrabungen durch das Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum förderten auch kalzinierte Knochen zutage, sodass er zu den gesicherten Brandopferplätzen zu zählen ist. Neu ist der Brandopferplatz von Wartau - Ochsenberg bei Sargans im Alpenrheintal (Kanton St. Gallen, Schweiz), auf dem neben den üblichen eisernen Angriffswaffen eine stattliche Anzahl verschmolzener Bruchstücke von Negauer Helmen verschiedener Typen zum Vorschein kamen, ein Fragment stammt von einem etruskischen Negauer Helm vom Typ Vetulonia. Außerdem wurden neben Helmen der alpinen Entwicklungsreihe mehrere Exemplare vom slowenischen Typ entdeckt, die im Südostalpenraum beheimatet sind. Geht man davon aus, dass die Waffen auf den Brandopferplätzen Beutewaffen darstellen, so bedeutet dies, dass die eisenzeitlichen Bewohner des Alpenrheintales entweder selbst Kriegszüge bis in den Südostalpenraum unternahmen oder aber von Kriegern aus dieser Regionen attackiert wurden. Die verschmolzenen Helmfragmente von Wartau - Ochsenberg erinnern an die verschmolzenen Helmfragmente vom oberen Greifensteiner Hang oberhalb von Siebeneich in Südtirol, 200 m westlich der Kirche St. Cosmas und Damian. Insgesamt konnte ca. 4,3 kg größtenteils zu amorphen Tropfen verschmolzenes Buntmetall geborgen werden, das auf einer größeren Fläche zusammen mit einigen wenigen Eisen- und Keramikobjekten entdeckt wurde. Bei den Helmen handelt es sich um die kümmerlichen Überreste von etwa zehn sogenannten Negauer Helmen. Der älteste Helm vom Greifensteiner Hang ist ein etruskisches Exemplar aus dem 5. Jahrhundert v. Chr., die Masse bilden alpine Adaptionen der Negauer Helme, die bis in die entwickelte Latènezeit benutzt wurden. Im Gegensatz zu Wartau handelt es sich um Helme der Sanzeno-Gruppe, die mit Ausnahme des etruskischen Helmes massiert in Südtirol und im Trentino vorkommen, also um lokale Waffen. Aufgrund der Spuren von Hitzeeinwirkung würde man einen Brandopferplatz vermuten, aber verbrannte Knochen, wie sie für Brandopferplätze typisch sind, fehlen hier ebenso wie eiserne Angriffswaffen. Allerdings gilt es zu bedenken, dass die Fundstelle stark erodiert angetroffen wurde. Abb. 2 Fließ - Piller Höhe. Latèneschwerter, Lanzenspitzen und Helmteile vom Brandopferplatz. 102 Überprüft man die Waffen aus den Brandopferplätzen auf ihre Zeitstellung, fällt auf, dass nur wenige Objekte dem 5. Jahrhundert zuzurechnen sind. Die ältesten sind einige Haumesser sowie einige frühe Varianten der Negauer Helme aus dem 5. Jahrhundert v. Chr. Die große Masse der Abb. 3 Sanzeno. Bruchstücke von acht bis zehn Negauer Helmen. Waffenopfer entstammt freilich erst der Zeitspanne zwischen den Perioden Latène B2 bis Latène D, d. h. zwischen dem 3. und 1. Jahrhundert v. Chr. Die jüngsten Waffenopfer stellen die römischen Tüllenpila dar. Diese deuten an, dass die Waffenweihungen an Brandopferplätzen mit der Eroberung des Alpenraumes durch die Römer abbrechen. Neben den Waffen aus Brandopferplätzen gibt es einige, mit größter Wahrscheinlichkeit auch als Weihungen zu interpretierende, die innerhalb von Siedlungen niedergelegt wurden. Brandopferplätze liegen üblicherweise außerhalb der eigentlichen Siedlungen. Hier gilt es, an erster Stelle die zahlreichen Helm- und Waffenfunde aus der eponymen Siedlung von Sanzeno am Nonsberg im Trentino zu nennen. Bei den Ausgrabungen in dieser Siedlung kamen neben den stark deformierten Fragmenten von ca. acht bis zehn Negau- er Helmen (Abb. 3) ein bronzener Helm mit Scheitelknauf und Nackenschutz, Teile von mindestens zwei keltischen Eisenhelmen mit Scheitelknauf und Nackenschutz, Latèneschwerter, Lochäxte und Lanzenspitzen zum Vorschein. Einer Deutung dieser verschieden alten Waffen und vor allem Helmfragmente – die ältesten entstammen dem 5. Jahrhundert und die jüngsten der entwickelten Latènezeit – als im Kampf verlorene Waffen kommt in Sanzeno nur wenig Wahrscheinlichkeit zu. Eine weit bessere Erklärung für die Fundlage innerhalb der Siedlung liefert einer der keltischen Eisenhelme aus Sanzeno (Abb. 4): Im Nackenschutz dieses absichtlich deformierten Helmes steckt ein mächtiger Eisennagel. Dieser Helm wurde demzufolge schon in der Antike nicht mehr als Schutzwaffe benutzt, sondern war als Opfergabe oder Trophäe innerhalb der Siedlung von Sanzeno 103 angenagelt worden. Wie Holger Baitinger aufzeigte, wurden auch in Griechenland Waffen nicht nur als Tropaia am Ort der Schlacht und im freien Bereich eines Heiligtums aufgestellt, sondern auch in Tempeln präsentiert bzw. an deren Wänden befestigt. Außerdem wurde in den Nackenschutz des Eisenhelmes von Sanzeno eine heute freilich kaum noch lesbare Inschrift im Sanzeno-Alphabet eingeritzt. Sie unterstützt eine solche Deutung, denn diese Inschriften scheinen vielfach aus rituellen Gründen angebracht worden zu sein. Dass im mittleren Alpenraum tatsächlich Waffen auch auf einem Pfahl ähnlich wie beim Tropaion in der klassisch-griechischen Welt aufgehängt wurden, bestätigt ein kürzlich ergrabener Befund in Stams im Nordtiroler Oberinntal. In der Siedlung am Schlossbühelweg des Glasbergls fand sich neben einem Hausgrundriss ein mit Steinen verstärktes Pfostenloch, um das herum mehrere Schildbuckel, Schildrandbeschläge und ein Schildfesselbeschlag zum Vorschein kamen. Ganz offensichtlich wurden hier die Überreste auf einem Holzpfahl genagelter Schilde aus der Spätlatènezeit, also eines Tropaions, entdeckt. Hier anzuschließen gilt es sehr wahrscheinlich auch den Waffenfund aus dem Siedlungsbereich der Römerstadt Teurnia in Kärnten: Der bereits 1845 entdeckte Fund umfasste zehn eiserne Schildbuckel, einen heute verschollenen Helm und eine Lanzenspitze. Neben keltischen Schildbuckelformen enthielt er auch germanische Formen. Zeitlich lassen sich die Funde in der Hauptsache dem 1. Jahrhundert v. Chr. zuordnen. Auch die bedauerlicherweise von Sondengängern ohne wissenschaftliche Dokumentation geborgenen Waffen vom Monte Sorantri bei Raveo im Friaul deuten auf die Existenz eines Tropaions bzw. einer Waffenweihung an einem Gebäude hin. Zwei Fragmente von Latèneschwertscheiden wurden von einem vierkantigen Nagel durchbohrt, der es gestattete, die Schwertteile auf einem Holzpfahl oder einer Mauer zu befestigen. Die vielen Schildteile vom Monte Sorantri erinnern stark an die Befunde von Stams und Teurnia. Ein Vergleich zwischen der wissenschaftlichen Ausgrabung in Stams und den Sondengängerfunden vom Monte Sorantri führt eindringlich vor Augen, wie viele Informationen durch die unkontrollierten Sondengängeraktivitäten verloren gehen. In Stams konnten durch moderne Grabungstechnik wichtige Hinweise auf die Existenz eines Tropaions gewonnen werden, während man über die Funde von Monte Sorantri nur spekulieren kann. 104 Eine Illustration einer eisenzeitlichen Waffenweihung aus dem Alpenraum findet sich mit großer Wahrscheinlichkeit auf dem berühmten Steinrelief aus Bormio in der Lombardei, das 1944 sekundär vermauert in einem Haus nahe der Kirche von San Vitale in Bormio entdeckt wurde. Das nur fragmentarisch erhaltene Steinrelief (Abb. 5) zeigt einen mit Schild, Negauer Helm und Standarte bewaffneten Mann in Frontalansicht, vor dem eine Lanze mit daran aufgehängtem Rundschild steht. Daran schließt ein Mann in Seitenansicht, der in ein Horn bläst. Ludwig Pauli deutete mit guten Argumenten die frontal dargestellte Gestalt als Götterbild, eine Art Mars, dem der Hornbläser huldigt. Die Lanze und der Schild sind wahrscheinlich die Weihegaben für den kriegerischen Gott. Man könnte zwar auch argumentieren, dass die Lanze und der Schild die „abgestellten“ Waffen des Hornbläsers darstellen, aber es würde verwundern, warum dieses Detail direkt zwischen die Götterfigur und den Musikanten – quasi ins Spannungsfeld zwischen beiden – gerückt wurde. Diese zentrale Position spricht dafür, dass die Lanze und der Schild Weihegaben darstellen, die dem Gott im Rahmen eines, von musikalischen Darbietungen begleiteten Rituals geopfert wurden. Auch die Sitte des Vergrabens von Waffen begegnet mehrfach in den Ostalpen. Die besten Beispiele liefern der Helmfund von Negau-Ženjak und der Helmfund von Förk in Kärnten, die in dieser Publikation eigens abgehandelt werden. Ein weiteres reiches Waffendepot fand sich im sogenannten „Waffenloch“ von Šmihel in Notranjska in Slowenien. Es umfasste nur eiserne Angriffswaffen, wie Lanzen- und Geschoßspitzen, Pila, Lochäxte und Latèneschwerter. Es steht wahrscheinlich in der Tradition der istrischen Waffenweihungen aus der älteren Eisenzeit. Aufgrund der frühen Entdeckung liegen aber nur wenig verwertbare Befunde vor. Für Nordtirol gilt es, den Waffenfund von Wenns am Eingang des Pitztales zu erwähnen (Abb. 6). Am Fuß einer teilweise überhängenden Felswand in sehr steilem Gelände wurden eine Hellebardenaxt, ein Latèneschwert, ein Bandschildbuckel samt Schildrandbeschlägen und ein Spiralarmreif vergraben. Das Holz in den bronzenen Schildrandbeschlägen deutet an, dass es sich nicht um einen Brandopferplatz gehandelt hat. Eine eigene, besonders schwer zu interpretierende Gruppe bilden Einzelfunde. In unserem Zusammenhang interessieren besonders die Höhen- und Passfunde, die von Wolfgang Neubauer und Thomas Stöllner zusammengestellt wurden. Abb. 4 Sanzeno. Eisenhelm mit eisernem Befestigungsnagel im Nackenschutz. 105 Während diese in der Urnenfelderzeit eine recht stattliche, allerdings im Einzelfall nur sehr schwer deutbare Fundgruppe darstellen, nimmt ihre Zahl im Laufe der Hallstattzeit sehr stark ab und verschwindet fast ganz. In der Latènezeit treten Höhenfunde gehäuft entlang dem Alpenrheintal auf, in Tirol hingegen kaum. Es handelt sich offenbar um eine lokal geübte Hinterlegungssitte, die verdeutlicht, dass es sich hierbei nicht nur um verlorene Objekte, sondern um ein absichtliches, wahrscheinlich religiös motiviertes Deponieren handelt. Bemerkenswerterweise finden sich in der Hauptsache Waffen: In den meisten Fällen wurden eiserne Lanzenspitzen hinterlegt, wobei im Einzelfall nicht zwischen Verlust und Weihung unterschieden werden kann. Etwas auffälliger und wohl kaum zufällig ist die Hinterlegung eines Latèneschwertes auf der Alpe Matta in Liechtenstein oder eines Negauer Helmes auf der Alp Gren bei Obersaxen. Dass das Vergraben einzelner Waffen aber nicht nur auf Pässen und Bergen stattfand, belegt der Negauer Helm aus Castiel - Carschlingg in Graubünden, der in einer Grube innerhalb einer Siedlung mit der Mündung nach oben vergraben wurde. Da man einen Helm in einer militärischen Notsituation kaum vergraben, sondern aufsetzen würde, kann er kaum als Verwahrfund interpretiert werden, sondern dürfte sehr wahrscheinlich als Weihefund zu deuten sein. Es bleibt noch die Gruppe der Gewässerfunde anzusprechen. Obwohl unter den eisenzeitlichen Gewässerfunden aus der Schweiz und Slowenien häufig Waffen vorhanden sind, finden sich im ostalpinen Bereich dafür nur wenige Nachweise. Sicher belegt ist die Versenkung von Waffen im Làgole di Calalzo, einem durch Inschriften sicher belegten Gewässerheiligtum im Cadore-Tal in Venetien. Neben Votivblechen und Gefäßhenkeln mit Inschriften wurden auch Fragmente von Eisenhelmen entdeckt. Es handelt sich dabei um lokale Varianten keltischer Eisenhelme mit Scheitelknauf und Nackenschutz. Insgesamt sind jedoch Gewässerfunde mit der Deponierung von Waffen in den Ostalpen während der jüngeren Eisenzeit selten. Fasst man zusammenfassen, so ist festzuhalten, dass im Ostalpenraum mehrere Rituale zur Weihung von sehr wahrscheinlich vom Feind erbeuteten Waffen Anwendung fanden. Einige Waffen wurden auf Brandopferplätzen außerhalb der Siedlungen verbrannt und anschließend auf der nahe gelegenen Deponie abgelegt, was die Brandopferplätze vom Rungger Egg oder von der Piller Höhe gut belegen. Andere Waffen wurden innerhalb von Siedlungen an Gebäudewän106 den bzw. auf Holzpfählen als Tropaia befestigt und zur Schau gestellt: Sie sollten vom Triumph der Sieger ebenso wie von der Macht der sie unterstützenden Gottheiten künden. Außerdem wurden Waffen vergraben, wobei die Frage im Raum steht, ob diese nicht zunächst auf einem Tropaion präsentiert bzw. in ein Heiligtum geweiht wurden und erst später, wenn das Tropaion bzw. Gebäude baufällig bzw. das Heiligtum neu geordnet wurde, als sakrosankte Weihegaben vergraben wurden. Viele der vergrabenen Waffenfunde dürften sehr wahrscheinlich auf diese sekundäre Art in den Boden gelang sein. Daneben sind deutlich seltener und regional begrenzt Einzel- sowie Gewässerfunde. Wie eingangs festgehalten, stellt die gehäufte Weihung von Waffen aber keine ostalpine Spezialität dar, sondern findet sich ebenso in keltischen Viereckheiligtümern. Allerdings sind dort fast nur Angriffswaffen und Schilde vertreten, Helme fehlen. Das weitgehende Fehlen von Helmen in der keltischen Welt kann nicht einfach durch verschiedene Deponierungssitten erklärt werden, die Opferung von Waffen war in der keltischen Welt ebenso Brauch wie im Bereich der Fritzens-Sanzeno-Kultur in Alttirol, der Helm spielte jedoch in der keltischen Welt nördlich der Alpen offensichtlich keine Rolle. Ganz anders stellt sich das Bild im mittleren Alpenraum dar, wo der Helm zu den bevorzugten Weihegaben zählte. Diese Bedeutung des Helmes als Symbol für Krieger im Ostalpenraum reicht bis in die Hallstattzeit zurück, wo Helme in der Situlenkunst eine ganz ähnliche Rolle spielen. Felix Müller wies in seiner Studie zur Religion in der Vorzeit darauf hin, dass zwischen dem Helm und dem Kopf eines Kriegers eine große Affinität besteht, der Helm den abgeschnittenen Kopf eines feindlichen Kriegers ersetzen kann. Die Kopfjagd war in der Latènekultur offensichtlich sehr weit verbreitet, weshalb man auf die Weihung der Helme verzichtete. In den Ostalpen hingegen dürfte das umgekehrt gehandhabt worden sein – der Helm ersetzte den Kopf. Literatur: Baitinger 2011. – Egg 1980b. – Egg 1986a. – Egg 2002. – Fogolari/Gambacurta 2001. – Glaser 1993. – Gleirscher/Nothdurfter/Schubert 2002. – Guštin 1979. – Haffner 1995b. – Holzer 2009f. – Lippert 1992. – Mihovilić 1991. – Müller 2002. – Neubauer/Stöllner 1996. – Nothdurfter 1979. – Pauli 1973. – Righi 2001b. – Sinnhuber 1949. – Stefan 2010. – Tiefengraber 1997. – Tomedi/Hye/Nicolussi Castellan 2006. – Tschurtschenthaler/Wein 1998. – Vannacci Lunazzi 2001. – Zemmer-Plank 1992. – Zindel 1979. – Zu Windischgrätz 1892. Abb. 5 Bormio. Steinrelief. 107 Abb. 6 Wenns. Latènezeitliches Waffenopfer bestehend aus Schwert, Schildbuckel und Schildrandbeschlägen, zusätzlich ein Spiralarmreif. 108